Ich war mir sicher, dass ich tauchen lieben würde, denn nur im Wasser könnte ich das Gefühl des Fliegens aus meinen Träumen erleben (Wie ich zum tauchen kam). Davon war ich überzeugt und so ist es gekommen. Seitdem ist es nur noch besser geworden.
Die Sucht des Tauchens
Schwerelosigkeit und Freiheit, die Natur und Artenvielfalt, aber vor allem das ganz neue Körpergefühl, diese Mischung von Atmung und Bewegung, Anspannung und Entspannung, schlugen mich sofort in ihren Bann. Kurz nachdem ich tauchen auf den Philippinen gelernt hatte (Endlich richtig abtauchen), schrieb ich nach Hause:
„Macht einfach süchtig! Es ist wie Unterwasseryoga. Du kontrollierst die Höhe über deinen Atem und du bewegst dich möglichst langsam und energiesparend. Atmest ruhig und langsam. Unglaublich. Und dabei eröffnet sich dir noch eine wunderschöne, faszinierende, vibrierende Welt voller zauberhafter Wesen und abgedrehter Formen.”
Als ich das erste Mal mit Yoeri tauchen ging, konnte ich es nicht fassen. Er schien sich nicht zu bewegen, kam dennoch mühelos voran, konnte einfach so in der Strömung hängen und in jede beliebige Richtung navigieren. Ich war hin und weg. Wie machte er das alles? Ein Fisch unter Fischen. Das wollte ich auch! Die Anziehung durch meinen eigenen Meeresgott verschmolz mit der Liebe fürs Tauchens und entfachte eine tiefe Leidenschaft und Hingabe, um ganz und gar nicht pathetisch zu klingen.
Zu Beginn genoss ich einen Aspekt des Tauchen besonders, die Phase des „freien Falls”. Rund um Alona Beach auf den Philippinen gab viele Tauchplätze mit steil abfallenden Riffwänden. An der Riffkante angekommen, ließ ich alle Luft aus der Tarierweste, um anschließend ganz lange auszuatmen, so dass ich schneller und schneller sank. Ich streckte die Arme und Beine aus wie ein Seestern. So in etwa stellte ich mir Fallschirm springen vor und genoss das Gefühl in vollen Zügen.
Wenn nötig, atmete ich einmal kurz und schnell ein und anschließend sofort wieder lange und vollständig aus, um die Geschwindigkeit meines „Falls” nicht frühzeitig abzubremsen. Erst kurz vor dem Grund oder der geplanten Tiefe änderte ich meinen Rhythmus, atmete lange und tief ein, füllte meine Lunge komplett mit Luft.
Luft ist leichter als Wasser und je mehr davon in den Lungen oder der Tarierweste steckt, umso mehr schwereres Wasser verdrängt der eigene Körper. Um neutral austariert zu sein, also weder zu sinken (negative Tarierung) oder zu steigen (positive Tarierung), muss ein Taucher genauso so viel Wasser verdrängen, wie seinem eigenen Gewicht entspricht – inklusive der Ausrüstung versteht sich. Da sich dieses Verhältnis durch zunehmenden Druck und Dichte in der Tiefe verändert, musste ich dort zusätzlich eine paar Luftstöße in die Tarierweste blasen.
Unvergleichliches Naturerleben
Doch es sind nicht nur das Gefühl des Tauchens selbst und das spielerische Element, die mich verzaubert haben, sondern auch die Unterwasserwelt, die gleichzeitig begeistert und entspannt. Nirgendwo sonst bin ich bisher so vielen verschiedenen Tieren nahe gekommen. Manche Arten werden fälschlicherweise für Pflanzen gehalten, darunter Korallen, aber auch Schwämme, Seescheiden oder Federsterne in der Galerie eine kleine Auswahl von Art by nature).
Zu Beginn kam ich aus dem Staunen gar nicht heraus und noch immer gibt es Neues zu entdecken (Schätze in Schlamm und Müll). Das schwierigste war das Gesehene, die ganze neue Wunderwelt, in Worte zu fassen, weil es so unglaublich viel war, so viele neue, bizarre und bunte Wesen auf mich einstürzten, und ich zu Beginn gar nicht genau wusste, um was es sich dabei eigentlich handelt. Das macht es nicht nur schwierig, die Begegnung zu beschreiben, sondern erschwert auch, sich überhaupt an alles zu erinnern.
Nach drei Tauchgängen am Tag war ich auf Wolke Sieben, hatte aber Mühe zu sagen, was auf welchem Tauchgang passiert war und mir Details und Arten ins Gedächtnis zu rufen. Da ich nicht einfach nur blind konsumieren, sondern die neue Welt um mich herum wirklich verstehen wollte, fing ich an, meine Nase in alle Bestimmungsbücher zu stecken, Yoeri über seine Unterwasservideos auszufragen und idealerweise direkt nach dem Tauchgang, die herausragenden Funde, ob alte Bekannte oder neu kennengelernte Arten, in mein Logbuch zu schreiben.
Sobald man weiß, was man sieht, kann sich die Wahrnehmung vertiefen. Es geht nicht mehr allein darum, eine Art (wieder) zu erkennen, sondern zu beobachten, was dieses Unterwasserlebewesen macht, wie es mit anderen in Beziehung tritt, wo es zu finden ist, von was es sich ernährt, wie es auf uns reagiert und vieles mehr. Gerade für Unterwasserfotografen oder -videografen ist das Wissen Gold wert, denn dann kann ich nicht nur an den richtigen Stellen nach dem Objekt meiner Begierde suchen, sondern auch noch abschätzen, was vielleicht als nächstes geschieht und wie ich mich dafür am besten positioniere (vom Fotografieren erzähle ich ein andermal).
Wir schützen nur das, was wir lieben, sagte einst Jacques Cousteau. Um es zu lieben, müssen wir es erst einmal kennen und am besten noch verstehen. Noch immer werden viele neue Arten entdeckt, was nicht heißt, dass sie noch niemand gesehen hat. Sie wurden nur noch nicht wissenschaftlich beschrieben und klassifiziert (Let’s talk scientifically!). Über die Beziehungen der Arten untereinander und ihre jeweiligen Rollen in der Unterwasserwelt ist noch weniger bekannt als über die einzelnen Arten selbst. Viele Schätze schlummern unter der Wasseroberfläche.
Stück für Stück erschließe ich mir die Unterwasserwelten, die wir besuchen und teile das, was ich kennenlerne gerne mit anderen, ob in Briefings, Postings oder mit den Fotos hier auf der Website (Underwater Photography). Ständig Neues lernen, nicht nur über die verschiedenen Arten und das Zusammenspiel im Ökosystem, sondern auch über mich selbst, das Meer und das Tauchen an sich, erfüllt mich und verhindert, dass in dieser Liebesbeziehung Langeweile aufkommen kann. Andere Menschen haben andere Vorlieben beim Tauchen.
Gemeinschaft und Gefühl
Trotzdem: Tauchen verbindet (Miteinander, ob gleichgesinnt oder andersartig). Zum einen teilt man schöne Momente, schafft gemeinsame Erfahrungen. Zum anderen tauscht man sich aus, lernt mit und von einander, im besten Fall und den Rest blende ich jetzt einfach mit meiner rosaroten Brille aus. In jedem Fall hat Tauchen mein Leben bereichert. Ich habe verschiedene Länder bereist, kleine Ausschnitte des lokalen Lebens kennengelernt, Menschen aus aller Welt mit den verschiedensten Hintergründen getroffen. Menschen, mit denen ich ohne das Tauchen niemals ins Gespräch gekommen wäre. Wenn sich die Unterhaltung nicht fruchtbar entwickelt, kann ich immer wieder aufs Tauchen ausweichen.
Es ist schön, ganz neue Plätze kennenzulernen, doch an vielen Orten kann ich immer wieder tauchen, sie mit jedem Tauchgang detaillierter kennenlernen, Bewohner und Verhaltensmuster beobachten, sehen, wie sich der Platz im Tages- und Jahresverlauf und mit den Wasserbedingungen verändert. Jeder Tauchgang ist anders und bietet Neues. Meistens kommt es einfach auf die Einstellung an, sich auf die Situation einlassen können, nichts erzwingen wollen, von sich selbst oder dem Meer.
Wirklich spannend, wird es dort, wo sich umgekehrt Meeresbewohner an bestimmte Taucher erinnern. Auf Statia gab es einen Trompetenfisch, den Yoeri zu sich rufen konnte. Sobald er seinen Arm ausgestreckt hat, legte sich dieser eine Fisch darauf – nur bei ihm, jedes Mal wieder. Mantas reagieren nicht nur unterschiedlich auf verschiedene Menschen, sondern haben ihre eigene Launen (Tanz mit Mantas: Begegnungen auf Augenhöhe). An manchen Tagen kommen sie ganz nah heran, streicheln einem mit ihren Flügeln über den Kopf oder schauen über die Schulter, wenn man es wagt, etwas anderes als die majestätischen Tänzer selbst zu filmen, und an anderen Tagen lassen sie niemanden auch nur in ihre Nähe.
Mit offenen Augen durch die Unterwasserwelt zu gleiten, dabei neue Dinge entdecken oder alte Bekannte begrüßen, setzt in uns Glückshormone frei. Wir lassen unsere Probleme und Zweifel an der Wasseroberfläche zurück, tauchen ab, um Ruhe und Schwerelosigkeit zu genießen, um zu suchen und zu finden. Die Zeit scheint anders zu vergehen: Viel zu schnell und dann doch gedehnt, so als würde all das Erleben nicht in den kleinen Zeitraum hineinpassen und unsere Wahrnehmung ihn dehnen, um Platz zu schaffen für alle die Begegnungen und Gefühle eines einzigen Tauchgangs.
Aktive Meditation
Manche Tauchgänge bleiben besser im Gedächtnis als andere. Doch warum ich tauchen am meisten liebe, lässt sich am besten mit dem Begriff aktive Meditation beschreiben. Ich kann mich vollkommen selbst verlieren und neu entdecken, meine Nichtigkeit und wahre Größe erkennen. Körper und Geist verschmelzen, ich gehe im Moment auf und stehe im Einklang mit der Natur, lasse mich fallen, um über mich hinauszuwachsen.
Die Clips der Reihe „Take a Minute” liefern die visuelle Untermalung für meine Worte und dazu noch mehr Wissen.
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Take a Minute LIV: Electric Clam (Ctenoides ales)
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Take a Minute LIII: Sea Bunny (Jorunna parva)
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Take a Minute LII: Picasso Triggerfish (Rhinecanthus aculeatus)
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Take a Minute LI: Banggai cardinalfish (Pterapogon kauderni)
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Take a Minute L: The Coral Reef (Life sustaining symbiosis)
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Take a Minute XLIX: Blue-lined philinopsis (Philinopsis speciosa)
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Take a Minute XLVIII: Hairy Frogfish (Antennarius striatus)
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Take a Minute XLVII: Hard coral polyps (Hexacorallia)
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Take a minute XLVI: Leaf scorpionfish (Taenianotus triacanthus)
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Take a minute XLV: Giant moray eel (Gymnothorax javanicus)
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Take a Minute XLIV: Long-arm Octopus (Abdopus sp.)
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Take a Minute XLIII : Tiger Shrimp (Phyllognatia ceratophthalma)
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Take a Minute XLII : Ornate Ghostpipefish (Solenostomus paradoxus)
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Take a Minute XLI: Goniobranchus kuniei
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Take a Minute XL: Hawksbill Sea Turtle (Eretmochelys imbricata)
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