Es ist an der Zeit, Abschied zu nehmen. Dies ist mein letzter „Bericht uit Statia“. Eigentlich hätte ich direkt den Abschiedsgruß „Macht‘s gut und danke für den Fisch“ aus dem gleichnamigen Buch von Douglas Adams wählen können. Wobei die Geschichte sicher besser unter dem Titel des ersten Buchs der fünfbändigen Reihe bekannt ist. „Per Anhalter durch die Galaxis“ wurde schließlich auch verfilmt. Warum Smokey aus den Erlebnissen auf Statia herausragt, hatte ich bereits erzählt (And then along comes Smokey: How we foster failed and adopted a rescue dog). Warum es allen Meereslebewesen gut täte, wenn sie, wie die Delfine in dem Buch von Douglas Adams, einfach ihr Leben an einem anderen Ort im Universum fortsetzen könnten, führte uns der letzte Tauchgang im November 2023 vor Augen.

Shadows of Yoeri Bulk, Nicola Jaeger and their dog Smokey on a beach with dark and light brown sand in waves and water coming in from the right side - Devocean Pictures

Danke für das Tauchen

Dabei freute ich mich so sehr auf das Tauchen. Yoeri sollte für ein Filmprojekt „ReforeStatia“ von STENAPA (St. Eustatius National Parks Foundation) Aufnahmen vom vielfältigen und artenreichen Korallenriff machen. Ich wollte nach tierischen Begegnungen, die eine solche Szenerie aufpeppen, Ausschau halten und mich ansonsten dem Meer hingeben. Ganz und gar in dem Gefühl des Tauchens aufgehen, so war mein Plan.

Tauchen schenkt mir grenzenlose Freiheit und zugleich tiefe Verbundenheit, sowohl mit mir selbst als auch der gesamten Unterwasserwelt – ohne dass ihr zu nahe zu kommen (Warum ich tauchen liebe). Gut austariert im Wasser schwebend bin ich schwerelos. Dei Tiefe einfach darüber zu verändern, länger ein- oder auszuatmen, gibt mir ein Gefühl des Fliegens. Dabei werde ich beim Tauchen zum Fisch. Genau wie sie richte mich zur Strömung aus und nutze das sanfte Schaukeln der Dünung, um ganz mühelos mit langen und langsamen Flossenschlägen voranzukommen, zu wenden, mich treiben zu lassen oder im Strömungsschatten hinter Korallenblöcken Schutz zu suchen.

Schade um die Korallenriffe

Tauchen beruhigt und begeistert mich –  immer wieder. In der Hoffnung auf intakte Korallen hatten wir um einen tiefen Tauchplatz gebeten. Doch als wir am Grund der Ankerleine auf 27 Metern ankamen, zeigte sich ein Bild des Grauens. Aus allen Richtungen sprang uns strahlendes Weiß entgegen. Ungläubig tauchten wir weiter in das Korallental, a.k.a. als Grand Canyon, hinab. Selbst auf 40 Metern dominierte die Korallenbleiche das Bild. Auch wenn manche das Weiß als schön empfinden mögen, ist es ein Zeichen des bevorstehenden Todes. Denn, ohne die Algen (Zooxanthellen), die Korallen die charakteristischen Farben verleihen, können diese nicht lange überleben.

Selbst manche Taucher*innen meinen, dass es doch ohnehin nur um Fische, am besten die ganz Großen, gehe. So einfach ist das jedoch nicht. Korallen sind zwar „nur“ kleine Lebewesen der Gruppe Nesseltiere, doch zusammen bilden sie die Basis des gesamten Ökosystems Riff (Coral Reef: Life-sustaining symbiosis). Dabei beginnen Korallen ihr Leben als Larve freischwebend im Wasser, bis sie sich als Polypen am Meeresgrund festsetzen.

Korallen machen es gut

Durch ungeschlechtliche Fortpflanzung, sogenannte Knospung, teilt sich der Polyp (Take a Minute Hard corals). Einerseits wächst so eine Korallenkolonie heran, andererseits können auf diese Weise ganz neue Kolonie gebildet werden. Zusätzlich pflanzen sich Korallen geschlechtlich über Massenablaichen fort. Einmal im Jahr werden dazu massenhaft Eier und Sperma auf die Reise geschickt. Kalkablagerungen an den Rändern der Polypen lassen eine Kolonie wachsen. Zusammen erschaffen Korallen den Lebensraum Riff. Ohne den Schutz und die Nahrung von Korallen sterben nach und nach alle Riffbewohner und dadurch langfristig auch Lebewesen im offenen Ozean.

So wie das bunte Riffleben auf Korallen angewiesen ist, sind Korallen selbst von den Zooxanthellen abhängig. Die Algen schenken den Korallen nämlich nicht nur ihre Farben sondern auch Energie. Denn die Algen wandeln Kohlendioxid, welches die Korallenpolypen ausscheiden, und Wasser mit Hilfe von Sonnenlicht zu Sauerstoff und Zucker (Glucose) um, die wiederum an die Korallen gehen. Über die Photosynthese der Algen decken Korallen, je nach Art, bis zu 90 Prozent ihres Energieverbrauchs. Im Gegenzug leben die Zooxanthellen sicher im Mantel der Korallenpolypen.

Schade um das Leben im Meer

Diese Symbiose funktioniert harmonisch, bis es zu heiß wird. Denn dann verlieren die Zooxanthellen, nicht nur ihre Fähigkeit zur Photosynthese, sie geben auch Stoffe ab, die sich toxisch auf ihren Wirt auswirken. Aus diesem Grund setzen die Korallen die Algen vor die Tür und bleichen. Doch ohne ihre fleißigen Untermieter können Korallen nur um die acht Wochen überleben.

2023 erwärmte sich das Meer von Florida bis in die Karibik stärker und länger als es normalerweise der Fall wäre. Am 7. Oktober betrug die Oberflächentemperatur rund um Statia noch 30,2°C. Das waren satte 1,9°C über der durchschnittlichen Wassertemperatur zu dem Zeitpunkt des Jahres. Am 12. Dezember war das Wasser mit 28°C noch 0,9°C wärmer als üblich. Für viele Korallen könnte die Abkühlung zu spät gekommen sein. Wann genau aus warm zu heiß wird, hängt von der Art der Korallen und weiteren Einflüssen ab.

Hoffnung für die Korallenriffe um Statia?

Solche zusätzlichen Faktoren sind es, die aus der Wiederaufforstung von ReforeStatia aktiven Riffschutz machen, wobei wir nicht einmal davon sprechen, dass Bäume Kohlenstoffdioxid binden und damit den Treibhauseffekt abmildern können. Ohne eine schützende Baum- und Strauchschicht werden bei jedem starken Regenguss massenweise Sedimente ins Meer gespült. Wenn sie Korallen bedecken, fehlt den Zooxanthellen zumindest temporär das Sonnenlicht. Zudem muss die Koralle Energie dafür aufwenden, sich von den Sedimenten zu befreien. Kein leichtes Unterfangen, wenn zusätzlich Müll, Nähr- und Giftstoffe ins Meer gelangen, die weiteren Stress auf die gebeutelten Riffe ausüben.

Nicht jeder Abschied erlaubt einen Neuanfang. Korallenriffe könnten das erste Ökosystem sein, das durch menschliche Aktivitäten vom Erdboden verschwindet. Doch noch können wir handeln, um die Schönheit und Artenvielfalt unter Wasser – und auch an Land – zu erhalten und damit uns selbst und unseren Lebensraum Erde zu schützen. Alles hängt miteinander zusammen, ob wir wollen oder nicht.

Macht’s gut und danke für Smokey

Während wir unsere Herzen wärmen, entfaltet sich der Zauber unseres persönlichen Anfangs ganz gemächlich. Immerhin ist es Winter, eine Zeit der Einkehr, Sammlung und Stärkung (Rauhnächte). Wir wünschen viel Freude und Erfolg für Neuanfänge, auch den „Bericht uit Statia“ in 2024. Macht‘s gut und danke für Smokey, die sich in Ruhe an die neuen Orte, Situationen, Gerüche und sonstigen Sinneseindrücke gewöhnen darf, die dem Leben Farbe geben.

Zuerst erschienen auf Niederländisch Tot ziens en bedankt voor Smokey auf Dossier Koninkrijksrelaties. Bedankt bij René voor de mooi zamenwerking in 2023.

Ein Kommentar

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