Während Fiona, der erste tropische Sturm der diesjährigen Hurrikan-Saison, ihren Regen großzügig über Statia und die karibischen Nachbarinseln verteilt, sitzen wir gemütlich in unserem Häuschen. Die Insel saugt die Feuchtigkeit gierig auf, trinkt sich satt. Heute ist World Coastal Clean-Up Day, woran wir uns unter diesen Umständen nicht beteiligen können (Keep you plastic and clean up the rest). Umso größer war meine Freude, als ich sah, dass heute ebenfalls World Manta Day ist, was ich als Chance nutze, um mal wieder vom Tauchen mit Mantarochen zu berichten.

Dem prasselnden Regen zu lauschen, entschleunigt mich gerade. Selbst als jetzt der Wind draußen wieder zunimmt, fühle ich mich sicher und geborgen. Wenn ich tauchen gehe, fühle ich mich ähnlich gut aufgehoben. Im Meer zu sein, wirklich in der Weite und Tiefe des Ozeans aufzugehen, ganz und gar von Wasser umgeben zu sein, ist in etwa so, als wenn mich die ganze Erde umarmt (Warum ich tauchen liebe). Statt im Meer bade ich heute besser in meinen Erinnerungen.

Zum ersten Mal tauchen mit Mantarochen

Meine ersten Mantas konnte ich im Dezember 2015 nur schemenhaft in den Gewässern von Komodo ausmachen. Doch es folgten viele weitere Tauchgänge an Manta Point und Manta Island (Mauan), die mich jedes Mal aufs Neue absolut fasziniert haben. Die Mantas steuern in kleinen Gruppen immer wieder Putzerstationen an, um sich dann einer nach dem anderen von diversen flinken Mäulern Parasiten und Hautschuppen vom Leib picken zu lassen. Neben den kleinen klassischen Putzerlippfischen betätigen sich auch junge Falterfische und kleinere Lippfische an der Reinigung der Mantas.

Dafür vollführen diese eine Art Unterwasserballett. Einer nach dem anderen schwebt zu dem Korallenblock, wo die fleißigen Helfer warten. Nach einer ersten Behandlung steigen sie auf und machen für den nächsten Manta Platz. Anschließend vollziehen sie einen großen Bogen, oft einfach kopfüber, um sich wieder hinten anzustellen. Ein eingespielter und harmonischer Ablauf, bei dem jeder Manta auf seine Kosten kommt.

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Manchmal konnten wir in der Strömung sogar einen sogenannten Mantazug beobachten, wobei diese aufgefächert wie ein Zugvogelschwarm in der Strömung stehen und sich das Plankton in die weit geöffneten Mäuler liefern lassen. Während die Mantas nach Lust und Laune problemlos gegen die Strömung schwimmen konnten, mussten wir uns nah am Untergrund halten, um nicht einfach weggepustet zu werden.

Riffmantas und Riesenmantas

Der Name Manta bezieht sich auf das spanische Wort für Decke. Passenderweise werden die großen, rautenförmigen Rochen mit stark abgeflachten Körpern auch fliegende Teppiche genannt. Ihre Brustflossen bewegen sie beinahe wie Flügel. Ein Riffmanta (Mobula alfredi formally know as Manta alfredi) wird von Kopf- bis Schwanzspitze maximal fünf Meter, während die Spannweite von einem Flossenende zum anderen an die fünf Meter fünfzig heranreichen kann. Beim Riesenmanta (Mobula birostris ehemals Manta birostris) kann die Spannbreite sieben Meter betragen. Ausgewachsen bringt so ein Tier zwei Tonnen auf die Waage.

Trotzdem ernähren sie sich ausschließlich von Plankton. Zum Fressen reißen sie ihr Maul auf und nutzen ihre beiden Kopfflossen, um möglichst viel planktonreiches Wasser dort hinein zu befördern, wo es gefiltert wird. Dafür schwimmen sie in die Strömung oder ziehen Kreise, meist in der Nähe der Wasseroberfläche, wodurch auch Schnorchler*innen  in den Genuss kommen können, Mantas zu beobachten.

Nicht gefährlich, aber gefährdet

Mantas sind für den Menschen vollkommen ungefährlich, da sie im Gegensatz zu anderen Rochenarten keinen Giftstachel besitzen. Gemeinsam mit Haien zählen Rochen zu den Knorpelfischen. Haie werden wegen ihrer Flossen gejagt, die ihnen an Bord der Schiffe vom Leib geschnitten werden, um sie anschließend – noch lebend – wieder zurück ins Meer zu werfen. Genauso wie andere Meerestiere fallen Haie und Mantas Stell- oder Treibnetzen sowie Langleinen zum Opfer und sind durch die Verschmutzung der Meeres sowie die generelle Überfischung bedroht. Doch Mantas werden auch ganz gezielt mit Harpunen gejagt. Das Fleisch wird mancherorts zwar gegessen und aus der Haut können Schleifmittel hergestellt werden, doch das große Interesse gilt den Kiemen, die angeblich einen medizinischen Nutzen haben sollen.

Erst 2020 wurden Mantas in der roten Liste der IUCN (International Union for Conservation of Nature) von der Kategorie „gefährdet“ auf „stark gefährdet“ gesetzt. Doch ihre geringe Fortpflanzungsrate, typisch für Knorpelfische, macht sie besonders anfällig, schnell an den Rand der Ausrottung gebracht zu werden. Erst mit fünf Jahren erreichen sie ihre Geschlechtsreife. Das Jungtier wächst im Mutterleib ganz ohne direkte Verbindung zu ihr in einem Ei heran. Währenddessen ernährt es sich von dem Dotter, um nach dreizehn Monaten bereits mit einer Flossenspannweite von fast zwei Metern zur Welt zu kommen. Wie alt Mantas werden, ist bisher – wie bei vielen Unterwasserlebewesen – noch nicht bekannt.

Ihre Verteidigung gegen Fressfeinde, eigentlich nur die größten Haiarten, ist schlicht und einfach ihre schiere Größe. Ein Hai kann durchaus ein Stückchen aus einem Manta herausbeißen oder eher reißen, aber das bringt das Tier nicht zwangsläufig um. Solche Wunden lassen sich Mantas bei ihren regelmäßigen Besuchen an Putzerstationen von flinken Fischmäulern reinigen. In Komodo sind mir immer mal Tiere mit bereits verheilten Bisswunden aufgefallen.

Lebe und liebe

Nichtsdestotrotz geht es nicht allein ums Überleben, sondern auch die pure Freude am Leben. Das sieht man Mantas an, wobei sich die einzelnen Tiere in ihrem Verhalten und ihren Vorlieben unterscheiden und auch nicht jeden Tag gleich (gut) drauf sind. Das höchste der Gefühle für mich ist, wenn die Mantas in Komodo ihrerseits Interesse zeigen. Dann kamen sie so dicht heran, dass manchmal die Spitze ihrer Flossen einen Kopf oder eine Schulter berührte. Oder sie vollführten Saltos in unseren Luftblasen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Unterwasserlebewesen, schauen einen Mantas nicht einfach nur an um zu bewerten, ob wir essbar sind oder eine Gefahr darstellen. Sie sind oft einfach neugierig und interessiert an der Interaktion mit Menschen. So gibt es zum Beispiel immer wieder Fälle, in denen sich Tiere Haken oder Leinen von Tauchern entfernen lassen (nur ein Beispiel aus Australien: Verletzter Manta bittet Taucher um Hilfe und noch eins aus Indonesien: Manta Rescue – Nusa Penida).

Die eindrücklichste Begegnung hatte ich auf einem Strömungstauchgang. Mit drei Gästen schoss ich auf vielleicht sieben Metern an der Riffkante entlang, als uns auf einmal ein Manta entgegenkam. Er nahm uns in Augenschein und hielt dann direkt auf mich zu. Nur knapp bevor wir kollidierten, machten wir beide einen Salto rückwärts, so dass wir für einen Moment fast Bauch an Bauch aneinander vorbeiglitten. Dieses Spielchen habe ich oft bei Mantas untereinander beobachtet und fühlte mich nun in ihre Familie aufgenommen.

Nach mehr als zehn Tauchgängen an Manta Point begannen wir uns für die Vielfalt an Kleinstlebewesen zu interessieren, die am Grund kreuchten und fleuchten. Als Yoeri gerade eine winzige Nacktschnecke filmte und ich nach dem nächsten Objekt der Filmbegierde suchte, verdunkelte sich auf einmal die Szenerie. Ich brauchte einen Moment um zu verstehen, dass kein Gewitter aufgezogen war, sondern dass ein Manta direkt über mir schwebte. Er blickte mir über die Schulter, scheinbar um herauszufinden, was ich denn bitte dort so interessant fand, dass ich ihn, den Mantarochen, gar nicht beachtete. Das passierte immer wieder, woraufhin ich jedem Manta meinen Respekt gezollt habe.

Du willst an diesem World Manta Day noch mehr über Tauchen mit Mantarochen lesen? Dann schaue auf „Tanz mit Mantas: Begegnungen auf Augenhöhe“ vorbei und fokussiere auf die Teile über Yoeris Erfahrungen.

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ReichAnimalia
StammWirbeltiere (Vertebra)
KlasseKnorpelfische (Chondrichthyes)
OrdnungRochen & Sägefische (Batoidae)
FamilieTeufelsrochen (Mobulidae)
GattungTeufelsrochen (Mobula)
ArtRiffmanta (Mobula alfredi)
Zur Taxonomie, dem Klassifikationsschema der Arten

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