Inselleben

Jahrelang habe ich nun auf kleinen Inseln gelebt, je abgelegener umso besser, viel Natur, möglichst wenig Menschen, oft kaum Internet, aus der Welt, sich selbst genug und im Moment sein. Die Besuche in Europa waren immer zu kurz, voll mit Treffen und Unternehmungen, oft gingen Begrüßungen direkt in Abschiede über. Wir wollten immer mehr, als möglich war, hatten das Gefühl, etwas nachholen zu müssen. Wollten uns füllen mit Erlebnissen, die eine Insel, und sei sie noch so paradiesisch, nicht bietet.

Dieses Mal ist es anders, dieses Mal bleiben Yoeri und ich länger, was ganz neue Aspekte aufwirft. Denn nun merke ich, dass mich die Inseln verändert haben, dass mir vieles im täglichen Leben zu angestrengt, zu laut, zu hektisch, zu aufwendig oder schlicht überflüssig erscheint. Gleichzeitig es so viel schwieriger, bestimmten Verlockungen zu widerstehen, wenn immer alles im Übermaß verfügbar ist. Es bieten sich so viele Möglichkeiten, so viel erregt die Aufmerksamkeit, dass die Zeit oft viel zu schnell vergeht und ich mich ein wenig nach einer einsamen Insel sehne.

Helgoland

Zum Glück bot sich Ende Mai die Gelegenheit Helgoland, Deutschlands einzige Hochseeinsel, ein Umstand, der mir bis dahin gar nicht bekannt war, kennenzulernen. Eingeladen von meiner Mutter machten wir uns interessiert auf, inseltechnisches Neuland zu entdecken, erfreut, dass gerade Naturbegegnungen nach Helgoland locken, wobei echte Einsamkeit vielleicht in den Wintermonaten aufkommen mag (dazu hier mehr). Obwohl standesgemäß ein heftiger bis umwerfender Wind wehte, so dass wir selbst an den sonnigen Tagen dick eingepackt waren, haben wir es sehr genossen, wieder an der See zu sein. Nein, noch besser, vom Meer umgeben zu sein.

Kraft des Meeres

Endlosigkeit und Naturgewalt lassen mich demütig werden, rücken alles in ein gesundes Verhältnis. Das spüre ich auf kleinen Inseln besonders stark. Die Anziehungskraft liegt in der Weite des Meeres, dem Klang der Wellen, der Tierwelt darin und darum, dem Gefühl von Schwerelosigkeit und absoluter Freiheit im Wasser (nicht auf Helgoland!), den sich dauernd ändernde Aussichten, dramatischen Lichtverhältnissen, dem klaren Sternenhimmel, dem Farbenspiel und den Mustern auf der Meeresoberfläche und ganz klar den Stränden, wobei Fels oder Stein überaus reizvoll sein können, Sand mich jedoch einfach magisch anzieht.

Ich will sofort die Schuhe ausziehen, die Füße im Sand vergraben, tief durchatmen und seufzen: Hier bin ich zu Hause. Wenn ich mich nicht gut fühle, wenn ich wichtige Entscheidungen zu treffen habe, wenn ich zu mir kommen möchte, dann fahre ich ans Meer. Im Binnenland sollten wenigstens Flüsse oder Seen in der Nähe sein. Ganz ohne Wasserzugang fühle ich mich merkwürdig eingeengt, irgendwie abgeschnitten, vertrocknet. Ich kann mir vorstellen, dass es anderen Menschen genau umgekehrt geht, wenn sie auf einer kleinen Insel irgendwo im weiten Ozean sitzen. Ganz wie es beliebt.

Von der Kinderphantasie zur Wirklichkeit

Die Insel als Ideal und Zufluchtsort ist tief in mir verwurzelt. Vor ein paar Monaten bin ich auf eine ganze Kiste voll mit Kinderbildern von mir gestoßen. Was ich eindeutig am liebsten gemalt habe, waren neben der Sonne, die auf Bäumchen und Blümchen sowie diverse Tiere scheint, vom Meer inspirierte Landschaften. An die Inselbilder konnte ich mich noch erinnern, Piraten und Seefahrer haben mich schon immer sehr fasziniert.

Doch interessanterweise habe ich damals bereits Unterwasserlandschaften gemalt. Woher die Inspiration dazu kam, weiß ich heute nicht mehr, aber vielleicht liegt hier die tiefe Sehnsucht nach dem Meer begründet, die mich letztlich zu meiner großen Leidenschaft dem Tauchen geführt hat (Warum ich tauchen liebe). Das Malen habe ich als Teenager aufgegeben und stattdessen während der Oberstufenzeit erste Schritte mit Spiegelreflexkamera und Fotoentwicklung gemacht – noch analog versteht sich.

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Von Kindheit an: Meer, Strand, Sand

Als mein Bruder zur Kommunion ein Zelt geschenkt bekam, sind unsere Eltern an einem der darauffolgenden langen Wochenenden mit uns ans Meer gefahren. Es war wohl irgendwo zwischen Bremer- und Cuxhaven. Ich freute mich so sehr über diese Reise, denn meistens ging es für uns ins Ferienhäuschen der Großeltern im Sauerland, auch schön, aber Berge können dem Meer nicht das Wasser reichen. Der Zeltplatz lag direkt hinterm Deich. Hoffnungsfroh stieg ich hinauf und dann das: Alles überflutet. Wo bitte schön war mein Sandstrand? Auch die Aussicht darauf, dass das Meer sich ja zurückziehen und dann Watt freigeben würde, konnte meine herbe Enttäuschung nicht schmälern. Watt? Schlamm! Ja super, den konnte ich in unserem Sandkasten zu Hause hervorragend selbst fabrizieren. Es war eine Katastrophe für mich als 6-Jährige.

Ich habe dann so lange gemault, bis meine Eltern einen kleinen total überlaufenden Sandstrandabschnitt ausfindig gemacht haben, für den man zur allem Übel noch Eintritt bezahlen sollte, wenn ich mich recht erinnere. Das war dann natürlich auch nicht das Richtige … Letztlich hat es ohnehin viel geregnet und wir sind zwar zu den Seehundsbänken rausgefahren, doch ansonsten mehr in Museen gegangen.

Die nächsten Zeltabenteuer fanden allerdings an der niederländischen Nordseeküste statt, auf der Westseite, dort wo es endlose Sandstrände gibt und verwunschene Dünenlandschaften. Denn die sich anschließende Vegetation und Umgebung wirkt sich maßgeblich auf mein Strandgefühl aus. Über die Jahre habe ich auch in Deutschland Strände kennengelernt, die mich bezaubert haben, wie auf dem Darß, auf Rügen und Hiddensee.

Schön wars

Wenn ich heute frei wählen kann, wo es hingehen soll, zieht es mich in tropische Gefilde, denn selbst wenn es dort regnet, kann ich mich ins warme Meer flüchten und vor allem gibt es unter Wasser einen unvergleichlichen Farben- und Formenrausch, der immer begeistert und schlicht süchtig macht. Doch auch in den Tropen ist Strand nicht gleich Strand. Es darf bitte mehr sein als nur weißer Korallensand; so beispielsweise, wenn sich der Regenwald bis an den Strand erstreckt, wie bei den Inseln rund um El Nido auf Palawan (Philippinen) oder auf den Andamanen (Indien) (Meer vom Leben: Sich dem Fluss hingeben), oder aber, wenn imposante Klippen und Felsformationen die Szenerie beherrschen, wie auf Nusa Penida bei Bali oder auch im Komodo Nationalpark (beide Indonesien) (Tanz mit Mantas: Begegnungen auf Augenhöhe). Statia kann nicht mit klassischen Karibikstränden aufwarten, macht das aber durch Charme und Natur über wie unter Wasser wieder mehr als wett (Why we love Statia, Caribbean Netherlands). Es kommt schließlich auf die inneren Werte an und das Gefühl, dass der Ort in einem auslöst.

Weiter gehts

Noch haben wir keine Insel gefunden, auf der wir für immer bleiben möchten. Allerdings könnte dies durchaus daran liegen, dass uns nicht liegt, sesshaft zu werden. Mit Linienflugzeugen umzuziehen, ist keinesfalls eine besonders angenehme Erfahrung und natürlich auch ökologisch problematisch. Der Ressourcenverbrauch und die Folgen dieses privilegierten Lebensstils sind uns bewusst und wir versuchen dies, durch wenig Besitz, geringen Konsum, Teilen und gemeinsame Nutzung auszugleichen. Statt vom eigenen Haus oder Kindern, träumen wir nur von fernen Inseln mit unberührten Riffen sowie neuer Tauch- und Kameraausrüstung.

8 Kommentare

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