Die nächste Visaverlängerung bietet Anlass zum Nachdenken über den Service mit Hindernissen, den wir bisher genießen konnten, wobei andere es viel schwerer haben.
Visaverlängerung: Bali
Yoeri hat sich gestern Morgen in weiser Voraussicht die Bestimmungen für eine Visaverlängerung hier in Indonesien angeschaut. Das haben wir zwar alles schon mal gemacht, doch so ein Prozedere kann sich jederzeit ändern. Genau wie damals, geht es um das sogenanntes „Visa on Arrival”. Zu unserem ersten Besuch flogen wir mit Garuda von Amsterdam über Jakarta nach Bali. Der erste Flug dauerte 14 Stunden, so dass wir ziemlich platt in Jakarta ankamen. Um unseren Anschlussflug nicht zu verpassen, wurden alle Passagiere nach Denpasar vom Bodenpersonal Garudas durch den Flughafen gelotst. Erst in Bali angekommen, fiel uns auf, dass unser Pass schon gestempelt war.
Zunächst freuten wir uns darüber, denn wir hatten nichts bezahlen müssen und dachten, dass dafür einfach keine Zeit gewesen wäre. Nach einer ordentlichen Mütze Schlaf begannen wir an der Großzügigkeit der Verwaltung zu zweifeln und sahen uns die Stempel genauer an. Mit Entsetzen mussten wir feststellen, dass dort Touristenvisum stand – und ganz fett darunter „nicht verlängerbar”. Erst haben wir uns enorm über uns selbst geärgert, dann auf Garuda geschimpft, anschließend kam eine kurze Phase der Verzweiflung und am Ende haben wir einfach das Beste draus gemacht und, wie das Leben so spielt, hat letztlich alles gut gepasst und uns nicht mehr Geld gekostet (Bali: Mein Stück des Himmels).
Service mit Hindernissen
Das Touristenvisum für 30 Tage gibt es auch heute noch und es ist weiterhin kostenlos. Das besagte „Visum bei Ankunft” haben wir diesmal korrekt am Flughafen beantragt. Dafür muss man zuerst zu einem Schalter, um da die Gebühr von ungefähr 33 Euro zu bezahlen, und dann zu einem anderen Schalter, um dort die Fingerabdrücke abzugeben, und das korrekte Visum in den Pass gestempelt zu bekommen. Die einmalige Verlängerung kostet ebenfalls 500.000 indonesische Rupien und gilt für weitere 30 Tage – also immer genau nachrechnen.
Nachtrag: Ich habe es noch geschrieben und eigentlich auch gewusst, aber trotzdem ist es wieder passiert. Tatsächlich habe ich 30 Nächte gezählt und damit den Anreisetag unterschlagen, wodurch unser Visum nun einen Tag zu kurz ist. Da ich die gleiche Rechnung für die zweiten zwei Monate aufgestellt habe, haben wir beschlossen, alles neu macht macht der März: Neuer Flug, neuer Plan, neues Land. Jetzt freuen wir uns auf vier Nächte Bangkok, Tempel besichtigen, alle möglichen Gerichte probieren, alternative Möglichkeiten zum Einkaufen und alles andere, was das Großstadtleben so zu bieten hat. Beim nächsten Mal haben wir es dann drauf – garantiert, schließlich können wir es hier nachlesen.
Nicki, 12.02.2020
Wir hatten uns schon darauf eingestellt für eine Nacht runter nach Sanur zu fahren, um die Verlängerung in Denpasar abzuwickeln, und bei der Gelegenheit dort gleich ein paar Dinge einzukaufen, die wir hier nicht bekommen. Doch so einfach, wie wir uns das vorgestellt hatten, ist es dann auch wieder nicht. Denn die Regelung sieht vor, dass man einen Tag vorstellig wird und seinen Antrag und die entsprechenden Unterlagen einreicht, am darauffolgenden Tag wiederkommt, um seine Fingerabdrücke abzugeben, und dann am dritten Tag seinen Pass mit neuem Visum abholen darf.
Daten für die Bürokratie
Insgesamt habe ich über die letzten vier Jahre meine Fingerabdrücke für eine bunte Mischung von Visa (Visum bei Ankunft, Geschäftsvisum, Arbeitsvisum) nun einmal am Flughafen in Denpasar abgegeben, einmal in Labuan Bajo auf Flores, zweimal in Denpasar in der Einwanderungsbehörde und zweimal in Wanci auf Wangi Wangi. Die Reise dorthin war immer besonders spannend für alle Ausländer in Wakatobi, da man sich nie sicher sein konnte, ob das Internet funktionierte. Denn, wenn im Immigrationsbüro keine Verbindung zustande kam, konnten die Fingerabdrücke nicht hochgeladen werden und somit musste man noch einmal an einem anderen Tag wiederkommen. Was mit den einmal hoch geladenen Fingerabdrücken geschieht, ist mir allerdings ein Rätsel.
Unseren Pass abgeben
Mit Logik haben bürokratische Prozesse häufig nur am Rande zu tun. Wenigstens müssen wir kein Foto mit einem Hintergrund in einer bestimmten Farbe einreichen, wie es für das Arbeitsvisum KITAS in Wakatobi der Fall war. Aber, man kann ja in allem etwas Positives sehen, und so kamen die roten Tischdecken des Resorts wenigstens nicht nur zu Weihnachten zum Einsatz.
Auch hier und jetzt ist praktische Abhilfe gefragt, denn wir fühlen uns in unserem kleinen Häuschen am Strand ungemein wohl und haben keine Lust drei Tage in geschlossenen Schuhen, mit langen Hosen und bedeckten Schultern im Einwanderungsbüro rumzusitzen. Nicht, dass sich alle ausländischen Reisenden an diese Regelung halten, aber so ist es auf großen Schildern vor den Gebäuden aufgemalt. Zur Freude vieler Reisender haben Einheimische die Nachfrage schon lange erkannt und bieten den entsprechenden Visaservice an. Also einfach bei unseren Vermietern nachfragen und schwups haben wir eine Telefonnummer.
Gerade noch rechtzeitig, wie sich herausstellt, denn diese Visaagentin kommt immer am Samstagnachmittag nach Amed, um die Pässe der Touristen einzusammeln und auszuteilen. Sie wird unsere Ausweise zusammen mit dem Flugticket, was beweist, dass wir nach dieser Verlängerung auch wirklich das Land verlassen, einreichen und wieder abholen. Natürlich müssen wir zwischendrin selbst einmal hin, um unsere Fingerabdrücke abzugeben, so dass sie von Singaraja irgendwo ins Nirgendwo geschickt werden können.
Rundum Service auf den Philippinen
Seine Pässe vertrauensvoll in die Hände anderer Leute zu legen, mutet auf den ersten Blick vielleicht merkwürdig an, hat sich aber bewährt. Als ich das erste Mal auf die Philippinen flog, bekam ich bei der Einreise ein Visum für drei oder vier Wochen gratis, welches man anschließend immer wieder verlängern kann, solange man die Gebühren bezahlt. Preis und Zeitspanne dieser Verlängerungen variieren. Sobald man das erste Mal länger als zwei Monate im Land blieb, musste man zudem eine philippinische ID-Karte beantragen, was zusätzlich 50 USD kostete.
Sie hatten sehr spezifische Anweisungen für die Maße des Fotos, das dafür eingereicht werden musste. Leider war dieses Format nicht mit den tatsächlichen Druckmaßen abgestimmt, so dass jedes Gesicht extrem in die Breite gezogen wurde. Die weiteren Angaben waren vollkommen willkürlich, so war Yoeri kleiner als ich und ich bereits kleiner, als auf meinem Pass angegeben – und die Pässe hatten sie ja. Zum Glück musste man die ID-Karte eigentlich nie vorzeigen – nur bei den Visaverlängerungen.
Andere Länder, andere Sitten
Das Schöne am System dort war, dass man den gesamten Visaprozess in die Hände einer Agentur legen konnte. Bohol Travel hat ihr Büro in Tagbilaran gleich unter der Einwanderungsbehörde und da all diejenigen, die schon länger in Alona Beach auf Panglao lebten, einhellig bestätigten, dass der zuständige Beamte, milde gesagt, nicht zu ertragen wäre, überließ auch ich meinen Pass für eine kleine Gebühr Bohol Travel.
Eigentlich holten wir die Pässe nur ab, wenn wir auf Reisen gingen. Ansonsten texteten uns die immer freundlichen Damen, wenn eine Verlängerung anstand, um zu fragen, ob es ein oder vielleicht zwei Monate sein sollten. Dabei es war vollkommen egal, wie lange im Voraus die Verlängerung beantragt wurde, es musste immer eine Expressgebühr bezahlt werden. Denn dieses Geld verschwand direkt in den Taschen des ausstellenden Beamten.
Keine Alternative in Deutschland
Vor meiner dritten Einreise, dachte ich mir, dass ich diese unnötige Expressgebühr wenigstens für die erste Verlängerung umgehen könnte, indem ich direkt in Berlin ein Visum für zwei Monate beantragte. Ich steckte zwar bis über beide Ohren in Vorbereitungen, Arbeit und Abschied, doch das Ganze konnte auf dem Postweg abgewickelt werden und dafür würde die Zeit locker reichen – so dachte ich. Wochen vor der Abreise füllte ich also den Antrag aus, überwies das Geld und schickte den Pass sowie einen Rückumschlag für ein Einschreiben an die philippinische Botschaft. Es dauerte und es dauerte.
Irgendwann werde ich unruhig und rufe bei der Botschaft an. Sie hätten das Visum schon längst ausgestellt und den Pass zurückgeschickt, hieß es, woraufhin ich bei der Post anrufe und nachhake, wo denn bitteschön mein Pass sei. Hätten sie nicht. Also bei der Botschaft genauere Details erbitten und damit bei nächster Gelegenheit noch mal freundlich bei der Post anfragen, schließlich geht es um meinen Reisepass, müssen sie wissen. Ach so, jetzt sehen sie es, sie hätten den Brief nicht zustellen können, total unleserliche Adresse, also ging er zurück an die Botschaft.
Das ist doch mal ein Anhaltspunkt, wobei ich die unleserliche Adresse wirklich nicht nachvollziehen kann. Immerhin hab ich das geschrieben und in meiner Familie gilt sie noch immer als die schönste Handschrift. Aber egal, wieder die Nummer der Botschaft wählen. Der Pass ging raus, das sagten wir ihnen doch bereits. Einmal tief durchatmen und zurück zur Poststelle, um dort die Details zu erbitten. Auf diese dritte Nachfrage können sie mir dann auch mitteilen, wer wann den Brief mit dem Pass in der Botschaft wieder in Empfang genommen hat, denn diese Person musste unterschreiben.
In der philippinischen Botschaft
Mittlerweile steht meine Abreise kurz bevor, also schenke ich mir weitere Telefonate und fahre mit Bus und Bahn zur philippinischen Botschaft in Mitte. Bis auf die Mitarbeiter, die hinter kleinen Glasfensterscheiben ihren Dienst tun, ist der ganze Stock menschenleer. Erfreut laufe ich schnurstracks zur Anmeldung, von wo ich wortlos auf den Wartebereich verwiesen werde, und dann passiert nichts. Niemand kommt, niemand wird aufgerufen. Irgendwann fällt mir ein Schild mit den Sprechzeiten auf. Ich bin zu früh und, obwohl der Mitarbeiter am Empfang offensichtlich auch nichts anderes zu tun hat, kann er sich erst in einer halben Stunde um mein Anliegen kümmern.
Als ich dann gnädig zum Schalter heran gewinkt werde, geht die gleiche Leier los, der Pass sei nun einmal nicht im System verzeichnet, er wurde ja abgeschickt. Nein, der Kollege, der die Rücknahme unterzeichnet hat, ist heute nicht im Hause. Während unseres Gesprächs fällt mir ein kleiner brauner Umschlag auf, der achtlos hinter dem Mitarbeiter auf einem Regal liegt. Ich zwinge mich zu einem Lächeln und frage vorsichtig: Könnten Sie bitte eben mal nachsehen, was das ist? Der Mitarbeiter schaut gelangweilt nach und händigt mir ohne ein weiteres Wort meinen Reisepass mit Visum für zwei Monate aus. Ich danke und freue mich, den Fängen der Bürokratie gerade noch so entkommen zu sein. Abschließend schwöre mir: Ab jetzt zahle ich immer die Expressgebühr auf den Philippinen.
Die große, weite Welt
Andere Länder sind direkt sehr großzügig und vergeben bei Einreise kostenlose Visa für zwei oder auch drei Monate. Indien war eine Klasse für sich, in Sachen Bürokratie macht ihnen schließlich niemand was vor (dazu ein andermal). All diese kleinen Missgeschicke und Fallstricke sind nichts im Vergleich dazu, was Menschen mit anderen Nationalitäten auf sich nehmen müssen, wenn sie einmal in die große, weite Welt hinaus reisen möchten. Wir sind unglaublich privilegiert. Ich bin dankbar, dass wir uns so frei in der Welt bewegen können, und ich habe vollstes Verständnis für alle Menschen, die dies auch möchten.
Ein indonesischer Tauchkollege postete vor kurzem einen empfehlenswerten Artikel: “The Unbearable Whiteness Of Tourism. Tourism is colonialism with tips.” Der Autor Indi Samarajiva besitzt sowohl einen kanadischen als auch einen srilankischen Pass und stellt in einer Weltkarte sehr anschaulich gegenüber, was das jeweils bedeutet. Ich verstehe seinen Zorn über die grundlegende Ungerechtigkeit, dass ein Teil der Menschheit so viel mehr Freiheiten besitzt und ganz ehrlich, wenn wir reisen wollen, müssen wir auch bereit sein, Reisende in unser Land zu lassen. Dazu Indi Samarajiva:
“While colonialism has ostensibly ended, our borders and — by extension — our minds remain colonized. Through language, through lines, through injustices that we ourselves enforce. We reject our own people at our own borders, they don’t even need to get to white man land. Our rich get their visas and shrug at the rejection of our middle class and poor. Our leaders get diplomatic passports and have us pay for their jaunts overseas.”
Indi Samarajiva : The Unbearable Whiteness Of Tourism. Tourism is colonialism with tips.
Soziale, politische und wirtschaftliche Strukturen, die im Kolonialismus angelegt wurden, setzen sich auf vielen Ebenen sich bis in die Gegenwart fort, sowohl in den ehemaligen Kolonien selbst, als auch in ihren Verflechtungen mit der Welt. Globalisierung bringt die Welt nicht im gleichen Maße zusammen und schließt nicht alle Menschen ein. Wobei die Bruchlinien nicht primär zwischen Ländern verlaufen, sondern Gesellschaften spalten. Wer genug Geld oder Macht hat, kann nicht nur reisen, wohin er will.
Pingback:Warum auf Bali das Toilettenpapier nicht knapp wird - Devocean Pictures
Pingback:Hauptsache weg: Reisen in Zeiten von Corona - Devocean Pictures
Pingback:Connect and protect to transform our world - Devocean Pictures
Pingback:Von Katze adoptiert - Devocean Pictures