Kurz nachdem wir unser Bungalow für die Zeit des Lockdowns in Pemuteran bezogen hatten, wurden wir Zeuge eines überraschenden Beutezugs (Warum auf Bali das Toilettenpapier nicht knapp wird). Gecko gegen Maus. Doch der Appetit war wohl größer als der Magen oder vielleicht das Maul und so haben wir das Opfer schließlich über den Zaun entsorgt, damit es nicht von den drei hier lebenden Katzen vor unseren Augen zerfetzt würde.
Die Jagdmethoden der Geckos
In jedem Fall hat uns der Gecko schwer beeindruckt. Wir haben nicht gesehen, wie er sich die Maus geschnappt hat, doch über Stunden ein dumpfes Geräusch gehört, das klang, als würde etwas gegen die Wand geschlagen. Irgendwann gingen wir der Sache auf den Grund und sahen den Gecko, der eine Maus mit dem Kopf im Maul festhielt und sie mit aller Kraft gegen das Holz schleuderte, bis sie sich nicht mehr rührte. Als der Gecko feststellte, dass er die Maus trotzdem nicht hinterschlingen konnte, ließ er sie auf den Boden fallen. Zum Glück landete sie neben unserem Bett.
Geckos gehören zu den ständigen Begleitern in den Tropen und sind gern gesehene Haustiere, denn sie ernähren sich eigentlich von Insekten. Als Opportunisten fressen Geckos alles, was sich so bietet, darunter auch kleinere Geckos. Hier im Resort haben sie eine gute Methode entwickelt und nutzen einen gläsernen Lampenschirm für sich. Meistens sitzt ein Gecko innen und labt sich an all den Insekten, die abends zum Licht fliegen. Zwei weitere beziehen Posten außen auf dem Glas, wo ebenfalls ausreichend Futter herumschwirrt. Interessanterweise sitzen sie nur in einer von insgesamt neun solcher Lampen.
In einem unserer Urlaube, in dem wir uns von den paradiesischen Zuständen auf unserer Taucherinsel in Wakatobi erholten (Im Paradies verloren), besuchten wir Nusa Penida, eine Insel (nusa) ca. 20 km östlich von Bali. Noch wird sie damit beworben, so zu sein wie Bali früher einmal war, wobei mehr und mehr Unterkünfte und Tauchzentren aus dem Boden schießen. Im Gegensatz zu Bali ist Nusa Penida keine vulkanische Insel, sondern besteht aus Kalkstein. Das Meer und der Regen nagen an dem vergleichsweise weichen Stein und schaffen so typische Karstlandschaften , karg und wild mit Höhlensystemen, spektakulären Klippen und sandigen Buchten.
Unliebsame Inselbewohner und Gefangene wurden über Jahrzehnte von verschiedenen Königreichen auf Bali nach Nusa Penida ins Exil geschickt. Dass bereits Menschen auf dieser Insel, genauso wie den kleinen angrenzenden Nusa Ceningan und Nusa Lembongan, lebten, hinderte die balinesischen Herrscher nicht an dieser Praxis. Heute kommen nicht nur Touristen aus aller Welt, sondern auch viele balinesische Tagesausflügler, insbesondere an den Wochenenden.
Morgens wurde uns das Frühstück zu der kleinen zeltartigen Hütte gebracht und da mir diese Option in Wakatobi fehlte, bestellte ich Pfannkuchen. Während wir noch auf unserer winzigen Veranda saßen, kam ein kleiner Hausgecko auf den Tisch geflitzt und sah aus, als wollte er sich nicht allein mit Krümeln zufrieden geben, sondern am liebsten ein ganzes Stück aus dem Pfannkuchen beißen. Ich fand den kleinen Kerl so wagemutig und habe ohnehin ein Herz für alle, die von jetzt auf gleich einen unbändigen Hunger stillen müssen, dass ich kleine Stückchen von meinem Pfannkuchen abriss und für ihn auf die Seite legte. Er verschlang die ersten und schleppte weitere weg. So entstand unser Morgenritual.
Erwünschte und unerwünschte Haustiere
Ich muss zugeben, dass ich nicht immer auf der Seite der Geckos war. In Alona Beach auf den Philippinen fanden wir eines Tages ein kleines Kätzchen vor unserem Haus. Kastration oder Sterilisation werden auf der Insel im Allgemeinen nicht durchgeführt und so stellt sich laufend die Frage, wohin mit den ganzen Kätzchen. Ab in einen Sack und ertränken oder auf einer kleinen vorgelagerten Insel ablegen, waren die beliebtesten Methoden. Wer dazu keine Zeit oder Lust hatte, verteilte die noch viel zu jungen Kätzchen weiträumig in der Umgebung. Sollte sich doch jemand anderes darum kümmern.
Wir zogen Morpheus, denn Katzen sind natürlich Götter und dieser junge Gott liebte es zu schlafen, sorgfältig auf. Schon bald konnte er nicht mehr auf Yoeris Handfläche sitzen. Die eine Stunde am Tag, in der er nicht schlafend oder schnurrend für Gemütlichkeit im Haus sorgte, verbrachte er hochaktiv. Entweder biss und kratzte er an der Hängematte herum, in der ich lag, rannte wie wild von einer Ecke des Hauses zu anderen mit Überschlägen an den Wänden oder er ging auf Jagd. Er liebte es, Motten oder Grashüpfer zu fangen und ihnen über den glatten Fußboden hinterher zu jagen.
Eines Abends fiel ein Gecko quasi vor seine Pfoten. Was für ein Fest! Von diesem Tag an waren Geckos seine liebste Beute. Doch sitzen Geckos von Natur aus weiter oben an der Wand, wenn nicht direkt an der Decke, und fallen nur in Ausnahmefällen auf den Boden. Morpheus kletterte auf alle verfügbaren Möbelstücke, um wieder in den Genuss eines Geckos zu kommen. Nach einer Weile konnte er erkennen, wann eine reale Chance darauf bestand, den Gecko von der Wand zu fegen. Wenn nichts möglich war, begann er einen schrecklichen Klagelaut, eine Art kleingehacktes, aber andauerndes Miauen auszustoßen, um uns auf sein Leid aufmerksam zu machen. Manchmal wurden wir weich und hoben ihn in die Höhe. Berechtigterweise rechneten die Geckos nicht mit dieser Hinterlist.
Als klar wurde, dass wir die Philippinen verlassen würden, damit sich Yoeri in Neuseeland von unserem Motorradunfall sowie der anschließenden Behandlung in einem philippinischen Krankenhaus erholen konnte, erklärten sich die zwei der größten Katzenliebhaber von Panglao bereit, auch Morpheus noch bei sich aufzunehmen. Er war nun ein wenig größer geworden und verlagerte sein Jagdrevier nach draußen. Dort wurde er leider angefahren und wehrte sich partout dagegen zu genesen, bevor er zurück in die Wildnis ging. Ein paar Tage später hinkte er nicht mehr nach Hause zurück.
Voll ausgewachsen sind die meisten Katzen in den Tropen nicht so groß wie eine durchschnittliche europäische Hauskatze. Auf den Philippinen hat dies zur Folge, dass Ratten ein leichtes Spiel haben. Eine Katze wird einer Ratte nur einen zweiten Blick zu werfen, um sicher zu gehen, dass die Ratte nicht auf Krawall gebürstet ist, ihr jedoch ansonsten höflich den Vortritt lassen. In seinem Zustand kann es durchaus sein, dass Morpheus einer Ratte zum Opfer gefallen ist.
Der verrückte Strandhund
Hunde wiederum hatten vor Katzen Angst. Vielleicht einfach, weil die meisten Hunde dort vor allem Angst haben, weil sie so viele schlechte Erfahrungen mit Menschen machen. Ein Großteil dieser schlechten Behandlung lässt sich auf die Angst der Menschen vor Hunden zurückführen. Zu lösungsorientierten Friedensgesprächen sind nicht beide Seiten bereit. Angst ist eben kein guter Berater und erschwert ein harmonisches Zusammenleben nicht nur zwischen Mensch und Tier.
Es wurden immer wieder Hunde vergiftet, da sie sich in freier Wildbahn fast genauso schnell vermehren wie Katzen. Hin und wieder kam die Polizei zum Einsatz. Zum Glück musste ich nie selbst erleben, wie sie auf den Strand stürmen, um zwischen den Stühlen der Bars und Restaurants sowie den Touristen, die einfach am Strand liegen und denen, die sich dort massieren lassen, mit Knüppeln auf Hunde einschlagen. Zum Glück vertrauten die Hunde auf ihre Instinkte und so konnten sich viele, manche unversehrt, manche blutend, in die angrenzenden Tauchzentren retten, wo sich die Angestellten und Gäste der Polizei in den Weg stellten.
Es gab unter diesen Strandhunden einen Hund, der herausstach. Er konnte jeden erweichen, ihm etwas Essen abzutreten und eine ganze Reihe Tauchlehrer hatten ihn bei sich aufnehmen wollen. Doch Stinky, wie er auf seiner Facebook-Seite heißt, oder Crazy, wie wir in passenderweise nannten, wollte gar kein Haus- und Hofhund werden. Er genoss seine Freiheit und die Aufmerksamkeit, die ihm von so vielen Menschen entgegen gebracht wurde. Ganz besonders liebte er Yoeri, denn der tollte nicht nur mit ihm durch den Sand und streichelte ihn endlos, nein, er ließ ihn sogar auf seinem Schoß sitzen, sowohl im Tauchzentrum als auch an der Bar Coco Vida.
Triumphiert schaute Crazy dann auf die anderen Strandhunde herab, die sich etwas abseits in den Sand gelegt hatten, bekam ein Stückchen Knoblauchbrot ab und ein Schälchen Wasser gereicht. Wann immer er Yoeri von weitem witterte, brach er in Geheul aus, raste wie angestochen zu ihm und warf sich auf ihn. Ich mag Hunde, solange sie nicht wie wild an mir herumspringen, was ich auch Crazy spüren ließ. Doch nach kurzer Zeit erkannte er, dass er mir nur folgen musste, um zu Yoeri geführt zu werden. Gut kombiniert Kleiner!
Da auf den Philippinen im Zuge der Corona-Pandemie ein harter Lockdown gilt, fragten wir uns, wie es den Strandhunden ergeht. Crazy wurde mittlerweile von einem Tauchzentrum adoptiert. Sie haben ihm ein Halsband und einen Namensplakette spendiert, damit er nicht aus Versehen zu Tode geknüppelt wird. Außerdem betreiben sie seine Facebook-Seite und so erfuhren wir, dass die Strandhunde in dieser Zeit durch Bohol Animal Rescue & Kindness – BARK, INC betreut werden. BARK hat mittlerweile alle Hündinnen von Alona Beach sterilisieren lassen, betreibt einen Schutzraum, wo die Tiere nicht nur Futter bekommen, sondern auch medizinisch versorgt werden. Schön zu sehen, dass sich Friedensstifter der Situation angenommen haben und so sponsern wir „unseren“ Hund gleich einmal für einen Monat. Jetzt müssten nur noch alle Hundebesitzer, dazu zwangsverpflichtet werden, mindestens eine Staffel vom Hundeflüsterer zu sehen.
Von den Philippinen nach Indonesien
Sie sind nicht die einzigen. Auch in Indonesien gibt es reichlich Kandidaten für eine solche Show. Als wir in Pemuteran ankamen, um Nyepi gut zu überstehen, fiel uns in der Straße, wo wir wohnten, sofort ein Hund auf (Nyepi, der Tag der Stille, auf Bali 2020 gleich doppelt). Eigentlich war es vielmehr so, dass wir dem Hund auffielen. Er war jedes Mal vollkommen außer Rand und Band, wenn wir vorbeikamen, zwängte seinen Kopf durch das Gitter und bettelte um Streicheleinheiten. Der Laden, der zu dem Grundstück gehörte, war immer geschlossen und auch sonst sahen wir niemanden am, um oder im Haus. Der Hund war noch ein großer Welpe und kam ganz offensichtlich nicht mit dieser Situation klar, genauso wenig hatte er verstanden, welche Aufgabe ihm dort zugedacht war.
Am nächsten Tag überprüfte ich morgens, ob er etwas zu essen oder zu trinken hatte. Um einen Teller herum lagen ein paar Reiskörner und die winzige Wasserschale war ebenfalls leer. Das gleiche Bild bot sich am Abend, als wir mit einem Eimer, den wir ihm mit Wasser gefüllt hinstellen wollten, wiederkamen. Am nächsten Tag war Nyepi, was bedeutete, dass für zwei Tage niemand nach dem Hund schauen würde.
Als Yoeri den Wachhund klaute
Wir waren besorgt, denn zu der Zeit gingen in Bali sowie weltweit die Gerüchte um, dass wir Corona von unseren Haustieren bekommen würden. Erst am Morgen hatte uns die Haushälterin des Hauses, was wir bewohnten davor gewarnt, die Katze zu streicheln. Yoeri kletterte kurzerhand über den Zaun, um sich ein genaueres Bild der Lage zu machen. Nichts davon zu sehen, dass sich zu dem Zeitpunkt überhaupt jemand um den Hund kümmerte. Dieser leckte unterdessen Yoeris Beine und Hände ab und sah ihn aus großen Augen an.
Das erweichte unsere Herzen und sie überstimmten den Verstand. Wir würden den Hund wenigstens über Nyepi zu uns zu nehmen. Er war überglücklich, als Yoeri ihn über den Zaun hob und noch mehr als wir bei unserem Häuschen ankamen. Ich kochte Nudeln für uns alle, währenddessen aß er schon einmal ein paar Brote mit Erdnussbutter. Der große Wassereimer kam ihm nicht geheuer vor, doch irgendwann überwand er seine Angst und trank und trank und trank. Gerade als wir es uns alle gemeinsam auf der Coach gemütlich gemacht hatten, um einen Film zu schauen, klopfte es an unserem Tor.
Zwei Männer waren auf der Suche nach ihrem Hund. Erregt schilderten sie, dass die Bilder ihrer Überwachungskamera zeigten, wie Yoeri ihren Hund stahl. Er fuchtelte mit seinem Handy herum und versprach Yoeri, ihn jetzt auf Facebook berühmt zu machen. Der Hund war Yoeri gefolgt, wurde nun gepackt und mit dem Schwanz zwischen seinen Hinterbeinen und hängendem Kopf von dem zweiten Mann abgeführt. Yoeri versuchte in ruhigen Ton zu erklären, dass wir nur helfen wollten und den Hund eigentlich nicht stehlen, sondern vielmehr versorgen wollten. Doch die Antwort war die immer gleiche Litanei: Mein Hund, mein Hund, stehlen, Stress, Bilder, berühmt machen. Zugegebenermaßen hatten wir vorgehabt, eine Nachricht zu hinterlegen, wo der Hund zu finden sei – nach Nyepi.
Meine Vermutung war, dass der Besitzer eine Entschädigung haben wollte, aber nicht so richtig wusste, wie er dies ausdrücken sollte. Vielleicht hatte er damit gerechnet, dass wir händeringend darum bettelten, nicht auf diese Weise in den sozialen Medien bekannt gemacht zu werden. Ich war gespannt. Würde es dem Mann gelingen, dass das Video vom Hundeklau viral ging, wenigstens auf Bali oder in der Gegend um Pemuteran?
Letztlich konnte Yoeri ihn darauf vertrösten nach Nyepi wiederzukommen, so dass wir in Ruhe sprechen könnten. Vorsichtshalber verriegelten wir das Tor von innen. Unsere Hoffnung, dass sein Ärger über die Tage der Stille, Vergebung und Meditation wieder verflogen wäre, zahlte sich aus. Wir haben nie wieder etwas von ihm gehört, auch nicht medial, vielleicht waren die Aufnahmen der Kamera doch nicht so spektakulär. Wahrscheinlich hat ihm die Familie erklärt, dass er besser nicht an die große Glocke hängen solle, wie einfach man seinen Wachhund klaut.
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