Dies und andere Aspekte des Lebens auf Bali und wie wir den perfekten Ort gefunden haben, um den Lockdown, der in Indonesien nicht Lockdown heißt, zu überstehen.

Uns geht es gut und obwohl wir auf Bali jetzt im Lockdown leben, können wir uns bisher nicht beklagen, zumal hier niemandem das Toilettenpapier ausgehen wird. Denn dafür ist hier, wie eigentlich überall in Asien, vorgesorgt. Klopapier ist für Touristen und die sind ja mittlerweile alle abgereist oder sogar evakuiert worden.

Unsere Sicht auf die Dinge

Wir wollen nicht weg. Gefühlt haben wir das kalte Europa gerade erst wieder verlassen und bei weitem noch nicht genug getaucht, um uns nun dort auf unbestimmte Zeit in einer Wohnung zu verschanzen. Natürlich sind wir, sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden, willkommen, aber die Aussicht, frühzeitig zurückzukehren, ist nicht wirklich verlockend. Es ist ja nicht so, dass wir fröhlich herumreisen, dafür haben wir ohnehin viel zu viel Ausrüstung.

Wir bevorzugen einfach ein temporäres Zuhause in den Tropen, damit wir unsere Affinität zum Meer voll ausleben und darüber Devocean Pictures und uns selbst in Schwung halten können. Alle Pläne und Absprachen, die wir für die nächsten Wochen getroffen hatten, liegen natürlich momentan auf Eis, aber wenn wir jetzt auch noch das Land verlassen, können wir sie ganz begraben.

Ruhe vor dem Sturm

Als in Deutschland erste Großveranstaltungen abgesagt wurden und die Bundesländer über Schulschließungen und weitere Maßnahmen debattierten, nahm das Leben auf Bali seinen gewohnten Gang. Wir hörten, dass manche Ecken der Insel schon gespenstisch still seien, denn die chinesischen Touristen blieben aus, doch in unserer kleinen Blase in Amed bekamen davon nichts mit. Erst, als wir am 10. März von Bali nach Bangkok fliegen mussten, da unser Visum abgelaufen war, wurde uns schlagartig vor Augen geführt, wie radikal sich der internationale Tourismus insgesamt bereits verlangsamt hatte.

Ich begann die Corona-News der asiatischen Länder zu verfolgen (Deutsche auf Bali: Zum Coronavirus in Indonesien). Im Hinterkopf meldete sich eine kleine Stimme, was wenn wir nicht wieder nach Indonesien einreisen dürfen? Unsere gesamte Ausrüstung wartete schließlich in Amed auf uns. Der ganze Abstecher nach Bangkok verlief viel besser, als wir es hätten planen können, nichtsdestotrotz war ich heilfroh, als wir wieder im Flieger saßen.

Zurück auf Bali

Wie alle Reisenden, mussten wir bei der Ankunft auf Bali einen Zettel ausfüllen, auf dem wir erklärten, gesund zu sein, und der unsere Flug- und Kontaktdaten enthielt. Im Gegenzug bekamen wir COVID-19-Zertifikate ausgehändigt (siehe Foto unten) und durften anschließend zum Schalter gehen, um ganz normal unser Visum bei der Einreise zu beantragen (Visaverlängerung: Service mit Hindernissen).

Zu diesem Zeitpunkt herrschte noch die allgemeine Ansicht oder vielleicht Hoffnung, dass sich das Virus in heißem Klima nicht so gut ausbreiten würde. Da die Tropen teils ganzjährig oder in Wellen, um nicht zu sagen Epidemien, mit diversen potenziell tödlichen Krankheiten zu kämpfen haben, hofften wir persönlich, dass sich die Indonesier der wachsenden Panik in Europa nicht anschließen würden.

Tödliche Krankheiten und Risikofaktoren für Covid-19

Die Saison für Denguefieber ging auf Bali gerade in die heiße Endphase, Typhus und Tuberkulose sind in Indonesien genauso verbreitet wie Malaria, auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung auf Bali gering ist. Dafür leiden weniger Menschen an Übergewicht und Diabetes (WHO Factsheets) und im Vergleich zu Deutschland ist die Bevölkerung wesentlich jünger. Das Medianalter, welches die Bevölkerung in zwei gleichgroße Hälften unterteilt, liegt in Indonesien bei 30 Jahren, in Deutschland bei 47 (Zahlen von 2014).

Den positiven Voraussetzungen in Zeiten von Corona stehen selbstverständlich auch negative gegenüber. So ist das Gesundheitssystem bei weitem nicht so gut ausgebaut wie in Europa, so dass vergleichsweise mehr Menschen an Herzlungenerkrankungen sterben, zumal sich viele Menschen einen Arztbesuch ohnehin nicht leisten können. Die wirtschaftlichen Einbussen verschärfen diesen Umstand genauso wie die nun zunehmende Mangelernährung in Teilen der Bevölkerung. Gesunde und ausreichende Ernährung sowie genügend Schlaf und Bewegung an der frischen Luft und in der Sonne beeinflussen das Immunsystem positiv, werden aber durch existenziele Ängste untergraben.

Corona auf Bali

Am 11. März wurde auf Bali der erste offizielle Todesfall in Zusammenhang mit der Erkrankung Covid-19 in Indonesien registriert. Die 53-jährige Engländerin, die u.a. unter Diabetes und Bluthochdruck litt, war für über eine Woche im Krankenhaus behandelt worden. Damit standen nicht mehr allein die Chinesen oder chinesischstämmigen, die sich noch auf der Insel aufhielten, als Überträger der Krankheit unter Generalverdacht. Grundsätzlich werden wir in Indonesien laufend gefragt, woher wir kommen und wohin wir gehen (Where are you going?). Doch mit einem Mal gewann diese harmlose Frage, eine ganz neue Brisanz.

Dennoch hatten wir nicht den Eindruck, dass wir pauschal verurteilt wurden. Nachdem ich mich als Deutsche geoutet habe, kommt immer die Nachfrage, wie lange wir denn schon hier seien. Wenn klar wird, dass wir Europa schon Anfang Januar entflohen sind, entspannen sich die Gesichtszüge der Menschen sofort. Es dauerte jedoch noch eine Weile, bis alle verinnerlicht hatten, dass Händeschütteln nicht mehr als höflich gilt und die ersten Desinfektionsmittel an den Kassen der kleinen Minimärkte auftauchten. Die Schulen wurden schon recht früh geschlossen und vor größeren Versammlungen zumindest gewarnt, so dass mit weiteren Einschränkungen zu rechnen war. So stellte sich die Frage: Wo lassen wir uns nieder?

Inselpoker

Vor diesem Hintergrund war ich in der Woche, in der wir noch unseren Unterschlupf in Amed hatten, ziemlich rastlos (Bali: Mein Stück des Himmels). Einerseits wollten wir die Zeit noch nutzen, um tauchen zu gehen und die Tempel und Gärten im Osten der Insel zu erkunden (Roadtrip to capture the highlights of East Bali). Andererseits wuchs der Druck, eine Entscheidung treffen zu müssen, mit der wir eine Weile gut leben könnten.

Kurzzeitig schwebte die Option einer 2-4 wöchigen Tauchsafari mit meiner liebsten Tauchpartnerin und einer ihrer Freundinnen im Raum. Der Rest der Gruppe, die die Seven Seas gechartert hatte, konnte nicht mehr nach Indonesien einreisen. Der Besitzer macht ein super großzügiges Angebot, bei dem er nur seine Mitarbeiter im Blick hatte. Äußerst bemerkenswert, zumal sich das Szenario, auf einem Schiff dem Virus und allen Regeln an Land davon zu segeln, geradezu perfekt anfühlte. Leider reisten die verbliebenen Schweizerinnen doch ab und mein rosaroter Tauchertraum löste sich in Luft auf.

Ursprünglich wollten wir auf die Nachbarinsel Lombok übersetzen und hatten auch schon eine gute Absprache mit einem Tauchzentrum getroffen. Doch irgendwie lag mir die Aussicht unter den gegebenen Umständen schwer im Magen. Auf Bali gibt es alles, was wir in den nächsten Wochen brauchen würden. Auf den fruchtbaren Böden der Vulkaninsel wird so viel angebaut, wofür es jetzt, da die Touristen wegbleiben, gar keine ausreichende Nachfrage gibt. Die Infrastruktur, um Güter zu verteilen, ist vorhanden und außerdem geht ja unser Flug im Mai von Bali.

Wenn schon festsitzen, dann am Meer. Im Osten Balis waren wir lange genug und, wenn man Menschen vermeiden will, macht es keinen Sinn in den dicht besiedelten Südteil der Insel zu gehen. Also zogen wir gen Westen, ganz gezielt in den ländlichsten und ursprünglichsten Teil der Insel. Denn hier sollte es nicht nur ausreichend Platz geben, um sich aus dem Weg zu gehen, sondern auch genug frische Nahrungsmittel für eine länger andauernde Quarantäne.

Pemuteran als Unterschlupf

Die erste Woche in Pemuteran haben wir zur Orientierung genutzt und das räumliche Distanzieren perfektioniert (Nyepi, der Tag der Stille auf Bali gleich doppelt). Gerne hätte ich einfach noch andere Gestrandete in das Haus eingeladen, Platz gab es genug und eine gut eingerichtete Küche zu haben, war ein wahrer Genuss. Doch andere Menschen haben andere Bedürfnisse und Einschätzungen der Lage, so dass wir uns nach Nyepi nach einer günstigeren Unterkunft umgesehen mussten. Dafür haben wir alle möglichen Resorts und Homestays abgeklappert. Die meisten waren bereits geschlossen oder machten im April die Pforten dicht.

Nachdem wir zwei Tage durch die Gegend gefahren waren und zwar einen Ort gefunden hatten, mit dem wir uns hätten anfreunden können, sind wir noch einmal in uns gegangen. Wohin wollen wir? Was fühlt sich richtig an? Am liebsten genau in dieser Ecke von Pemuteran bleiben. Schon zuvor hatte uns ein gepflegtes Grundstück mit alten Bäumen geradezu angelacht. Dass kein Schild einen Hinweis darauf lieferte, dass hier etwas vermietet wurde, schreckte uns jetzt nicht mehr ab. Wenn wir wissen, was wir möchten, ist so viel möglich.

Immer der Nase nach

Es stellte sich heraus, dass wir in ein kleines, aber feines Boutiqueresort marschiert waren, die ihr Schild einfach nicht wieder aufgehängt hatten, als es eines Tages herunter fiel, da die vier liebevoll gestalteten Bungalows, die sich in der großzügigen und reich bepflanzten Gartenanlage mit Pool verteilen, eigentlich sowieso immer gut ausgebucht sind. Jetzt war nur eins belegt und mit der Aussicht, dass wir länger bleiben würden und auf absehbare Zeit auch nicht viele andere Menschen einfach so bei ihnen im Garten auftauchen würden, machte uns die Besitzerin kurzerhand ein Angebot, das mich vergessen ließ, dass ich eigentlich eine Küche hatte haben wollen. Sie wolle gerne sicherstellen, dass sie ihre Mitarbeiter weiter bezahlen kann, war ihre Erklärung. Chapeau! Essen können wir zum Glück noch bestellen.

Wie das Leben so spielt, haben wir mit unserer Entscheidungsfindung und intuitiven Suche eine absolute Punktlandung hingelegt. Einen Tag, nachdem wir mit Sack und Pack umgezogen waren, verkündete ein Schreiben der Gemeinde, dass Resorts keine weiteren Gäste aufnehmen dürfen. Wir sind glücklich, noch einen Ort gefunden zu haben, an dem wir nun langsam wieder zur Ruhe kommen können. Denn am 1. April begann der Lockdown auf Bali, der offiziell nicht Lockdown heißt, aber im Grunde genommen genau so gehandhabt wird.

Der balinesische Lockdown

Die jetzigen Regeln werden mindestens bis einschließlich 20. April gelten. Der indonesische Präsident, Joko Widodo, genannt Jokowi, bemüht sich, das Inselreich auf eine Linie zu bringen und sagt immer wieder, dass es sich nicht um einen Lockdown handelt. Es gibt tatsächlich wenig wirkliche Verbote, stattdessen wird an die Bevölkerung appelliert. Bali hat jedoch seine eigenen Regeln erlassen und teilweise werden diese von jeder Gemeinde wieder anders gehandhabt.

Soweit wie möglich, soll niemand mehr sein Haus verlassen. Einkaufen ist erlaubt, doch manche Läden haben ihre Öffnungszeiten reduziert. Viele Restaurants und Imbisse haben ebenfalls verkürzte Öffnungszeiten oder sind ganz geschlossen. Außerdem wurden bestimmte öffentliche Räume, wo Menschen in Gruppen zusammenkommen, zur Sperrzone erklärt, darunter die Strände.

Inzwischen gibt es kaum noch Flüge in andere Teile des Landes und auch der Fährverkehr wurde unterbrochen, was vielleicht irgendwann dazu führt, dass bestimmte Produkte, die von anderen Insel eingeführt werden, knapp werden könnten. Doch bisher haben wir die Läden noch gut bestückt erlebt und sie werden auch weiterhin beliefert. Das erfrischende, hier kauft kein Mensch über die Maßen ein und hortet Produkte für sich und sich allein. Dafür hätten ohnehin die wenigsten Menschen die finanziellen Mittel. So viele haben ihre Jobs bereits verloren oder verdienen kaum noch etwas, seitdem es auf der Insel so ruhig geworden ist.

Warum auf Bali das Toilettenpapier nicht knapp wird

Wir wissen, dass für viele Menschen diese oder ähnliche Regelungen schon länger gelten. Unsere Hoffnung ist, dass es hier später anfing und früher wieder aufhört, einfach weil es wirtschaftlich und gesellschaftlich nicht tragfähig ist, diese Maßnahmen über Monate durchzuziehen. Wir werden sehen, welche Beschlüsse zur Unterstützung der Bevölkerung es noch geben wird und wann wir wieder tauchen gehen dürfen und damit die lokale Ökonomie wenigstens ein kleines bisschen unterstützen können.

Eines ist sicher, dass Toilettenpapier wird hier nicht knapp, denn entweder haben die Menschen eine Art Schöpfkelle und einen Wasserbottich oder wie wir die Luxusversion der kleinen Handdusche direkt neben dem WC (siehe Fotos unten). Gestern wurde die Wasserpumpe repariert und so musste ich notgedrungen auf Toilettenpapier zurückgreifen. Wie unangenehm, fürchterlich hart und kratzig am Po. Wenn man sich einmal an Wasser, Seife und Handtuch gewohnt hat, will man nie wieder zurück, sagte mir schon Yoeri damals auf den Philippinen (Endlich richtig abtauchen). Alle, die das jetzt ekelig finden: Wenn euch ein Vogel auf den Arm kackt, wischt ihr das allein mit einem Papiertaschentuch weg oder wascht ihr die betreffende Stelle?

Langsam aber sicher leiden wir unter der verschärften Form des Inselkollers. In den letzten neun Tagen waren wir nur einmal zum Einkaufen vor den Toren des Resorts. Garten hin oder her, es wurde Zeit wieder in die Ferne zu blicken und uns zu bewegen. Daher haben wir gestern leise, schnell und heimlich den Strand überquert und uns ins Meer zurückgezogen. Das ist nicht offiziell gesperrt und bietet beste Voraussetzungen, um Abstand von anderen Menschen zu nehmen (Nach Gefühl: Im Wasser neue Wege beschreiten).

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