Abtauchen in andere Welten: Long Island, Andamanen, Indien
Eigentlich ist es vermessen zu sagen, wir waren in Indien. Immerhin leben fast 1,4 Millionen Einwohner auf dem 3.287.469 km² großen Subkontinent. Weit ab von jeglichem Trubel sind wir auf dieser kleinen Insel in eine ganz eigene Welt eingetaucht. Das Leben auf Long Island war das Einfachste, was ich bisher kennengelernt habe, was einerseits ganz wundervoll und bereichernd war, andererseits eine ganz schöne Herausforderung. In den Erzählungen über unsere Zeit auf den Andamanen in dem Buch "Abtauchen in andere Welten. Vom Leben auf fernen Inseln und der Suche nach mehr" geht so einiges schief und genau dadurch haben wir gelernt, mit unerwarteten und komplizierten Situationen umzugehen. Ich würde nicht sagen, dass ich am Ende wirklich gelassen war, aber ich begann negative Gedankenspiralen aufzulösen oder gar nicht mehr zuzulassen. Die wunderschönen und abgeschiedenen Strände trösteten uns ein wenig über die beschädigten Riffe hinweg, wie der Auszug "Korallenriffe in Gefahr" aus dem Buch gegen Ende dieser Seite erklärt.

Der wahre Zauber entfaltete sich im Zusammenleben. Zum Abschied haben wir - ihren ersten und wahrscheinlich letzten - Mitarbeiterausflug mit Schnuppertauchen organisiert. Irgendwann werden wir unser Blue Planet Team mit einem Besuch überraschen, um noch einmal ganz neu in ihre Welt einzutauchen.
Meine ersten Unterwasserbilder
Wie gerne hätte ich meine Pentax-Kamera mit zum Tauchen genommen, doch da es kein Unterwassergehäuse dafür gab, mühte ich mich mit einer Sea&Sea ab, während Yoeri ganz in seinem Element aufging. Zwei Jahre lang hatte er nicht filmen können. Endlich konnte ich ihn beobachten und mich nicht sattsehen aan meinem Videografen. Nur wenn etwas nicht so funktionierte, wie er sich das vorgestellt hatte, glitt ich davon, denn negative Energie verbreitet sich unter Wasser, so wie Schall, sicher viermal schneller als an Land. Leider hatte er dort mit neuen technischen Problemen zu kämpfen.
Alle elektronischen Geräte hatten unter den andauernden, massiven Stromschwankungen zu leiden. Als eines Abends die Glühbirnen im Takt des Radios aus der Küche flackerten, gab eine von Yoeris Festplatten den Löffel ab, wodurch Filmmaterialien aus mehreren Monaten untergingen. Wie von Sinnen haben wir uns um Ersatz bemüht, so dass er später doch noch zwei Unterwasservideos zusammenstellen konnte. Natürlich hätte es seiner Meinung nach besser sein können (siehe selbst weiter unten). Wir sind alle unsere größten Kritiker und streben viel zu oft nach Perfektion, die es nicht gibt.
Mir wird bei bestimmten Tieren jedenfalls direkt warm ums Herz und sie erinnern mich, an die Momente unter Wasser, wenn die Zeit stillzustehen scheint, wenn ich schwerelos und ganz in meinem Element bin. Perfekt hin oder her, seine Videos vermitteln in jedem Fall einen besseren Eindruck als meine Unterwasserfotos aus der Zeit, die bis auf ganz wenige Ausnahmen in Sicherheit auf meiner Festplatte schlummern. Hauptsache ich konnte ihn mit seiner geliebten Kamera ablichten - noch dazu mit Kugelfisch. Ihm wiederum sind als großem Mann an Land Aufnahmen von einem Tempelfest gelungen, das ich nur aus der hinteren Reihe betrachtet habe (ab Minute 2:04 im Video).
Tauchen, das war einmal
Seit die staatlichen Regeln geändert wurden, hat Blue Planet leider das Tauchen einstellen müssen. Dafür müssen Besucher jetzt einen Stopp auf den südlicher gelegenen Inseln Neil und Havelock einplanen.
Wir hatten zwar bei weitem nicht nur gute Bedingungen bei unseren (Erkundungs-)Tauchgängen um Long Island, aber es gab im ganzen Umkreis weit und breit keine anderen Taucher oder sonstigen Wassersportler, was wir nach dem endlosenen Bootsverkehr rund um Alona Beach auf den Philippinen in vollen Zügen genossen haben. Insbesondere an den Offshore-Riffen tummelten sich bei unseren Besuchen nicht nur viele verschiedene Rifffische sondern auch große Schwärme und Lauerjäger. Aber seht selbst.
Die Unterwasserwelt präsentiert von Yoeri
Mitarbeiterausflug mit Schnuppertauchen, um uns zu bedanken
Weitere Fotogalerien von Devocean Pictures
Eine weitere Fotogalerie ergänzt das Bild von Long Island. Die Trauminsel ist nur noch einen "Klick" entfernt.
Auszug aus "Verloren auf See", eine der Erzählungen in "Abtauchen in andere Welten. Vom Leben auf fernen Inseln und der Suche nach mehr" (Liste der Erzählungen unten)
Tauchtherapie
Zeus ist hin und weg. Zeigt hierhin, taucht dorthin. Trotz seiner Begeisterung schaut er immer wieder auf uns und versucht zu kopieren, wie wir uns bewegen. Die beste Art unter Wasser zu lernen: beobachten, nachmachen und immer wieder üben. Ansonsten einfach entspannen, mit dem Fluss gehen. Ruhige, weite und präzise Bewegungen und ansonsten schön stromlinienförmig sein; wie ein Fisch eben. Sich schnell und hektisch zu bewegen, führt zu nichts als einem erhöhten Luftverbrauch. Einmal richtig austariert, lässt sich leichtes Auf- und Absteigen über die Atmung kontrollieren.
Ein gefleckter Igelfisch lugt mit seinen herzförmigen Pupillen schüchtern unter einem Korallenblock hervor. Während die Anemonenfische, Nemo und seine Cousins, ihr Zuhause unter vollem körperlichen Einsatz gegen die merkwürdig blubbernden Eindringlinge, wie auch alles andere, verteidigen. Wie Koralle und Alge leben Clownfisch und Anemone in einer Symbiose. Anemonen sind keine Pflanzen, sondern Lebewesen, deren Oberfläche und Arme mit Nesselzellen überzogen sind, die kleine Beute betäuben, bis sie verdaut werden kann. Clownfische reiben sich ständig an ihrer Anemone, um so einen Schutzfilm des anemoneneigenen Sekrets auf ihrem Körper zu verteilen, wodurch die Anemone sie nicht als Fremdkörper erkennt und den Fischen ein sicheres Heim bietet. Im Ausgleich dafür schützen die Anemonenfische diese gegen Fressfeinde wie Fledermausfische oder die Unechte Karettschildkröte, die einen würzigen Happen sonst nicht verschmähen würden, und reinigen die Anemone.
Selbst vor Tauchern schrecken diese putzigen Fische nicht zurück und schaffen es tatsächlich die wenigen Stellen nackter Haut ausfindig zu machen, um ihrem Anliegen den nötigen Nachdruck zu verleihen. Ich habe den orangenen Hüter der Anemone nicht kommen sehen. Da ich mehrere Meter oberhalb der Anemone tauchte, war mir entgangen, dass ich in seinen persönlichen Wohlfühlbereich eingedrungen war. Ein Biss, ein Ziehen und schon quoll ein kleiner Blutstropfen aus meinem Finger. Es sollte mir eine Lehre sein, mein Umfeld noch aufmerksamer wahrzunehmen. Schließlich sind wir hier zu Gast. Wenn Anemonenfische wesentlich größer als putzige acht bis siebzehn Zentimeter werden würden, wäre das Tauchen an so manchem Korallenriff schlicht nicht mehr möglich.
Zumal immer mehrere Fische eine Anemone bevölkern. Das dominante Weibchen – der größte und aggressivste Fisch des Trupps – paart sich mit einem Männchen und ergänzend tummeln sich in einer Anemone mehrere kleine Männchen, die im Fall des Falles in der Rangordnung aufrücken. Nach dem Tod von Nemos Mutter hätte der Vater zur Mutter werden müssen. Aber diese natürliche Geschlechtsumwandlung (sequenzieller Hermaphroditismus), die im Reich der Ozeane häufig vorkommt, wurde in dem Film unterschlagen. Zum Abschluss zeigt sich uns Dori. Der Paletten-Doktorfisch ist hier allerdings nicht allein unterwegs, sondern passend zum „Honeymoon Reef“ in trauter Zweisamkeit.
Long Island besuchen
Die Inselgruppen der Andamanen und Nicobaren liegen im Indischen Ozean näher an der Küste zu Myanmar (Burma) als zum indischen Festland (siehe Karte unten). Eingebettet in die Ostseite der Mittleren Andamanen liegt Long Island (siehe Karte rechts), etwas abseits der klassischen Touristenpfade, doch ist per Boot von Port Blair, der Hauptstadt der Andamanen, in vier bis sechs Stunden direkt erreichbar. Mit vierzehn Quadratkilometern nimmt die Insel in etwa ein Prozent der Fläche des unwesentlich bekannteren Long Island in den Vereinigten Staaten ein. Platz satt für gut 1.000 Insulaner.
Blue Planet war damals die einzige Unterkunft auf der Insel und wir können das Team allen Interessierten nur wärmstens ans Herz legen (siehe Fotostrecken unten). Bitte herzliche Grüße von Yoeri und Nicki ausrichten und so lange wie möglich bleiben, damit die Inselwelt seine volle Wirkung entfaltet. Unterkunft und essen können nur bar bezahlt werden. Es gibt weder einen Geldautomaten noch Alkohol auf der Insel.


Wo finden sich die Andamanen im Buch?
Erzählungen in "Abtauchen in andere Welten. Vom Leben auf fernen Inseln und der Suche nach mehr"
Im Rhythmus der Tropen
Ruhrgebiet (1980-2004), Berlin (2004-2011), Panglao (Philippinen 2011-2013), Long Island (Indien 2013-2014), Sint Eustatius (Niederländische Karibik 2014-2015), Komodo (2015-2016), Wakatobi (2016-2019) und Bali (2015-2020) (alle drei Indonesien): Morgenstund, tierische und menschliche Nachbarn, Yoga
Willkommen auf Long Island
Long Island (Andamanen/Indien 2013-2014): Bürokratie, Tauchlehrer, Schiffsunglücke
Volle Kraft voraus
Long Island (Andamanen/Indien 2013-2014): erste Tauchgänge, Arbeitswelt, Boote
Verloren auf See
Long Island (Andamanen/Indien 2013-2014): Korallenriff, tauchen, Bootscrew
Verschlungene Pfade: Von der Ankunft bis zur Abreise
Long Island (Andamanen/Indien 2013-2014): Inselleben, Kollegen, reisen
Warum ich tauchen liebe
Panglao und Malapascua (beide Philippinen 2011-2013), Long Island (Andamanen/Indien 2013-2014), Sint Eustatius (2014-2015) und das Meer: Natur erleben, Freiheit, fühlen
Momentaufnahmen an Land und unter Wasser
Ruhrgebiet (1998-2004), Lima (Peru 2004), Panglao (Philippinen 2011-2013), Long Island (Indien 2013-2014), Sint Eustatius (Niederländische Karibik 2014-2015), Komodo, Wakatobi und Bali (alle Indonesien 2015-2020): fotografieren, tauchen, Entwicklung

Über die Autorin
Nicola Jaeger, 1980 in Unna geboren, ist Diplom-Geografin und arbeitete für verschiedene Nicht-Regierungsorganisation, bis sie 2011 dem Ruf ihres Herzens folgte und auf den Philippinen tauchen lernte. Dort erwartete sie nicht nur eine atemberaubende neue Welt voller unbekannter Tiere, ein wahrer Formen- und Farbenrausch, sondern auch ihr Seelenpartner. Nachdem sie 2012 ebenfalls Tauchlehrerin geworden war, zog sie mit Yoeri zum Tauchen, Filmen und Fotografieren nach Neuseeland, Indien, die Karibik und Indonesien. Gemeinsam gründeten sie „Devocean Pictures“. „Abtauchen in andere Welten“ ist ihr erstes Buch.